Paläontologie

Einzigartiger Dinosaurier mit Scherenhänden

Duonychus tsogtbaatari trug 30 Zentimeter lange Doppelklauen an den Händen

Duonychus tsogtbaatari
Duonychus tsogtbaatari ragte drei Meter hoch auf und besaß zwei lange Krallen an jeder Hand. © Masato Hattori

Urzeitlicher Edward mit den Scherenhänden: In der Mongolei haben Paläontologen ein Dinosaurierfossil mit ungewöhnlich gut erhaltenen, furchteinflößenden Klauen entdeckt. Der vor 100 bis 83 Millionen Jahren lebende Duonychus tsogtbaatari trug demnach an jeder Hand zwei rund 30 Zentimeter lange gebogene Krallen. Mit diesen Werkzeugen tötete der Dinosaurier aber keine Beute, sondern griff nur nach Ästen – Duonychus war ein Pflanzenfresser. Eine Klaue ist sogar samt Keratinhülle erhalten und damit eine echte Rarität.

Während ihrer langen Herrschaft haben die Dinosaurier zahlreiche Formen hervorgebracht: von langhalsigen Sauropoden über gehörnte Riesen bis hin zu flinken Raptoren. Zu den Dinosauriergruppen mit dem ungewöhnlichsten Aussehen gehören dabei die Therizinosaurier, auch bekannt als Sensenechsen. Die mehrere Meter großen Tiere gingen aufrecht, waren gefiedert und besaßen lange sensenartige Klauen an ihren Händen. Diese nutzten sie allerdings nicht für die Jagd, sondern um damit Pflanzen zu greifen.

Fossile Überreste von Duonychus tsogtbaatari
Die Knochen, die von Duonychus gefunden wurden © Kobayashi et al./ iScience, 2025/CC-by-nc-nd 4.0

Eine Sensenechse aus der Mongolei

In der 100 bis 83 Millionen Jahre alten Bayanshiree-Formation in der Wüste Gobi in der Mongolei haben Paläontologen nun eine neue Therizinosaurier-Spezies entdeckt – und sie ist noch ungewöhnlicher als ihre bislang bekannten Verwandten. Von dem Duonychus tsogtbaatari getauften Tier sind beide Hände samt Krallen sowie Teile der Wirbelsäule, des Schwanzes, der Hüften, der Arme und der Beine erhalten, wie das Team um Yoshitsugu Kobayashi von der japanischen Universität Hokkaido berichtet.

Das Besondere: Duonychus besaß pro Hand nur zwei Finger – bei anderen Therizinosauriern waren es in der Regel drei, wie die Paläontologen erklären. Eine von Duonychus‘ Krallen ist darüber hinaus samt Keratinhülle enthalten, was nur überaus selten vorkommt. Im Falle des mongolischen Therizinosauriers machte dieser stabile Keratinüberzug die Fingerkrallen über 40 Prozent länger als es der reine Knochen vermuten ließ, wie Kobayashi und seine Kollegen herausgefunden haben.

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Insgesamt erreichte eine einzige Kralle dieses Dinosauriers dadurch eine Länge von etwa 30 Zentimetern. Im Vergleich zu seiner Körperhöhe von drei Metern und einem Gewicht von rund 260 Kilogramm ist dies erheblich.

Klauen von Duonychus tsogtbaatari
Zwei Krallen von Duonychus: Die obere ist samt Keratinhülle enthalten. © Kobayashi et al./ iScience, 2025/CC-by-nc-nd 4.0

Lange Klauen als effektive Greifer

Trotz seiner bedrohlichen Erscheinung war Duonychus aber wahrscheinlich eher ein sanfter Riese. Wie die Paläontologen erklären, benutzte er seine langen Klauen nicht für verheerende Attacken, sondern um damit Pflanzen zu greifen und zum Mund zu führen. „Obwohl Duonychus nur zwei funktionsfähige Finger hatte, war er wahrscheinlich ein effektiver Greifer, wenn man die extreme Beugung des Klauengelenks und die starke Krümmung der Klauen bedenkt“, schreiben Kobayashi und seine Kollegen.

„Ausgehend von der Form des Handgelenks und den Abmessungen der Hornklaue könnte Duonychus Äste mit einem Durchmesser von bis zu zehn Zentimetern gegriffen haben“, heißt es in der Studie weiter. Das ist weniger als beim Namensgeber der Gruppe, dem Therizinosaurus, weshalb die Paläontologen vermuten, dass Duonychus bei der Nahrungssuche selektiver vorgegangen sein könnte als jener.

Fingerverlust mal fünf

Die besonders gut erhaltenen Klauen des neuen mongolischen Dinosauriers erlauben jedoch nicht nur Rückschlüsse auf dessen Lebensweise, sondern auch auf einen evolutionären Trend zum „Fingerverlust“ bei Theropoden. Bislang war bekannt, dass vier Linien dieser zweibeinig laufenden Dinosaurier unabhängig voneinander ihren dritten Finger an der Hand verloren haben. Nun sind es fünf: Allosaurier, Tyrannosaurier, Alvarezsaurier, Oviraptorosaurier und Therizinosaurier.

Bei ausschließlich fleischfressenden Dinosauriern wie dem Tyrannosaurus rex hing der Fingerverlust wahrscheinlich damit zusammen, dass sie zur Jagd hauptsächlich ihren Kopf mit dem mächtigen Gebiss nutzten und ihre Hände schlichtweg nicht brauchten, woraufhin diese verkümmerten, berichten die Paläontologen.

Auf die Spitze trieben es jedoch die insektenfressenden Alvarezsaurier. Pro Hand besaßen einige von ihnen nur eine einzige Klaue, die wahrscheinlich speziell für das Graben in Insektennestern geeignet war. (iScience, 2025; doi: 10.1016/j.isci.2025.112141)

Quelle: iScience

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